Vom Problem, erotische Romane zu schreiben

- Oder: Der K(r)ampf mit Bezeichnungen und Adjektiven

Hallo, meine Lieben!

Erotische Romane zu schreiben ist eine echte Herausforderung. Es gibt Tage, da beneide ich die Kollegen von der Mord- und Totschlag-Fraktion aus tiefstem Herzen. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Krimis zu schreiben ist auch nicht einfach; ganz bestimmt nicht. Aber Krimi-Autoren haben es etwas einfacher, wenn es um Beschreibungen geht. Im Grunde genommen ist es eine Schande für die Menschheit, dass wir einen Mord besser schildern können als einen … hmmm … Geschlechtsakt? … Koitus?? … Beischlaf??? Trifft alles den Kern, ist aber ganz und gar nicht erotisch. Womit wir schon bei der ersten Frage wären:

Gibt es erotische Romane mit erotischen Worten?

Keine Ahnung, wie Ihr das seht, aber ich kenne kein einziges erotisches Wort. Oder vielleicht sollte ich besser „sinnlich“ sagen. Entweder sie sind medizinisch (Penis, Vulva, kopulieren), derb (Schwanz, Möse, f….), albern (Schnippi, Mumu, knattern) oder nahrhaft (Nudel, Pflaume, lachsen). Toppen kann man das nur noch mit „Liebeslanze, Liebesgrotte, Liebe machen“. Und mit dem Ausgangs-Material soll man jetzt als Autorin Kopfkino erzeugen. Puhhh! Alle aufgeführten Worte funktionieren im alltäglichen Sprachgebrauch, aber jede(r) nutzt sie nach eigenem Ermessen. Schon aus diesem Grund haben die meisten Leserinnen auch nur eine, im Idealfall auch zwei oder drei Lieblings-Autorin(nen). Aber es gibt wahrscheinlich keine Leserin, die alle mag. Das ist wie mit dem Essen: Manche mögen es scharf, manche mild; einige stehen auf Fast Food, andere auf opulente Menüs. Also muss ich mich als Autorin entscheiden:

  • Will ich die Masse ansprechen? Dann muss ich mich an erfolgreichen Büchern orientieren.
  • Will ich für eine Zielgruppe schreiben? Dann muss ich mir die entsprechende Sparte aussuchen.
  • Will ich weder das eine noch das andere? Dann muss ich mir was einfallen lassen.

Ist doch ziemlich einfach, oder nicht? Und die kleinen Helferlein bei der Umsetzung heißen „Adjektive“ und „Umschreibungen“. Aber auch dabei kann man alles falsch oder alles richtig machen.

Wie viele Adjektive vertragen erotische Romane?

Die Antwort lautet: So viele, wie Leserinnen das wünschen. Völlig egal, was Schreib-Ratgeber oder Schreib-Kurse empfehlen: Cora-, Julia- und Bianca-Romane verkaufen sich immer noch wie warme Semmel. Shannon McKenna (um nur ein Beispiel zu nennen) benutzt sie ebenfalls gerne und katapultiert sich mit ihren Geschichten über die McCloud-Brüder regelmäßig in die Bestsellerliste der New York Times. Auch in Deutschland hat sie eine veritable Anzahl an Fans. Also hat dieser Schreibstil durchaus seine Existenzberechtigung – egal, was Leser oder Kritiker darüber denken. Adjektive sind eine Frage des Stils und sagen nichts über die Qualität des Inhalts aus.

Ich bin jedoch bekennender Adjektiv-Gegner. In meinem Roman gibt es keine „kantigen Gesichtszüge“, „weiche, weiße Schenkel“ oder „schimmernde, köstliche Falten“. Es gibt nichts „Exquisites“, „Pralles“ oder „Ungebändigtes“. Und erst recht nichts „Geschmeidiges“. (Ihr dürft mich deswegen gerne beschimpfen, aber ich hasse dieses Wort.) Natürlich schleichen sich bei mir auch Adjektive ein – das lässt sich gar nicht vermeiden, wenn man im Schreibfluss ist. Aber die werden meistens beim zweiten, dritten oder vierten Durchgang wieder gestrichen oder durch Umschreibungen ersetzt.

Und damit gehen die Probleme erst richtig los.

Gute Formulierungen für erotische Romane

Manche Rezensenten kommen mir vor wie ein Couch-Potato, der im Fernsehen Fußball guckt und einem Stürmer „Lauf, du faule Sau!“ zuruft. Glücklicherweise sind die in der Minderzahl und meist nur auf Amazon anzutreffen. Denn eins ist sicher: Eine Sex-Szene zu umschreiben ist einfach. Aber je mehr es werden, desto schwieriger ist es, variantenreich zu sein. Dabei gibt es ebenfalls verschiedene Ansätze:

  • Nur andeuten.
  • Das Meiste der Fantasie des Lesers überlassen.
  • Explizit schreiben.

Beim „andeuten“ kann man recht schnell ausblenden und den Rest dem Leser überlassen. Kopfkino ankurbeln ist – denke ich – die schwierigste Variante. Hier können jedoch die oben genannten Adjektive Schützenhilfe leisten. Nimmt man kein Blatt vor den Mund, läuft man schnell Gefahr, ins Pornöse abzurutschen.

Ich entschied mich für „explizit“, da es sich um eine BDSM-Geschichte handelt. Trotzdem fiel es mir schwer, Sex-Szenen zu schreiben. Zum einen, weil unser Wortschatz – wie oben erwähnt – begrenzt ist, und man sich zum anderen für eine stringente „Sprache“ entscheiden sollte. Daher griff ich zu einem Trick. Am Anfang ist die Sprache noch „anständig“. Im Laufe der Spiele erwartet Michael von Charlie allerdings, „die Dinge beim Namen zu nennen“. Das geht so weit, dass Charlie auch in diesen Begriffen denkt. Der Rest ist jedoch weiterhin „anständig“.

Ob es ein guter Kompromiss ist, entscheidet aber letztendlich Ihr. 😉

 

Ich wünsche Euch noch eine schöne Zeit.
Eure

 

 

2 Kommentare
  1. Lucinda sagt:

    Hey,

    eigentlich wollte ich nach einem Adjektiv für die Wortgruppe: „kein Blatt vor den Mund nehmen“ suchen, bin dann aber auf deiner Seite gelandet und fühlte mich sofort angesprochen, weshalb ich nun auch beschlossen habe, hier einen Kommentar zu hinterlassen. Der Artikel gefällt mir einfach wunderbar, denn du beschreibst genau mein Problem. Ich habe auch vor, eine Sex-Szene zu schreiben, aber irgendwie komme ich um das kitschige nicht drum herum oder es wird wieder zu medizinisch und ich schreibe eine Fantasy-Geschichte, kein Medizinbuch, dass Studenten in die Hand kriegen sollen zum Lernen! 😆
    Nun also zurück zu deinem Artikel: sehr gute Lösung! Aber mit den Wörtern selbst habe ich immer noch Probleme. Ich lese demnächst vielleicht mal den Duden. Vielleicht hat man ja nur ein paar Wörter übersehen, die das Ganze auch „sinnlich“ beschreiben können. Für dich finde ich vielleicht auch ein paar Verben! =)

    LG Luz

    • Hallo Lucinda!

      Dass Du meine Seite gefunden hast, hat mich etwas überrascht, aber noch mehr gefreut. Allerdings heißt das auch, dass ich mit meinem Buch langsam mal Gas geben muss. :biggrin:

      Vielleicht lernen die Studenten ja noch was Nützliches dazu, wenn sie Dein Buch lesen. :grins:

      Wenn ich Dir einen Tipp geben darf: Such‘ im Internet nach „Thesaurus“ und gib auf den Seiten einen Begriff ein. Meistens spucken die von niedlich bis „och nööö“ so ziemlich alles aus, was es an Wörtern gibt. 😉

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