Hallo, meine Lieben!
Heute versuche ich mal, die losen Enden der letzten Artikel über moderne Frauen und moderne Männer zusammenzuführen.
Immer wieder höre und lese ich von den „Stärken“ des Mannes und dass Frauen „weiblicher“ sein sollten. Was allgemein unter typisch männlichen Eigenschaften verstanden wird, habe ich mal zusammengestellt:
Durchsetzungsfähig, zielorientiert, mutig, logisch, strukturiert, überlegen, beschützend.
Da aber alles zwei Seiten hat, in dem Fall die beiden Enden einer Skala, gibt es hier auch die negativen Auswirkungen dieser positiven Männer-Qualitäten:
Insistierend, verbissen, risikobereit, emotionslos, engstirnig, arrogant, kontrollierend.
Bei den Frauen sieht das nicht anders aus:
Nachgiebig, empathisch, kommunikativ, sozial, fürsorglich, charmant, gefühlvoll.
Und das andere Ende:
Unentschlossen, bemutternd, redselig, aufopfernd, ängstlich, manipulierend, weinerlich.
Forderungen an andere zu stellen ist einfach. Kompliziert wird es (wie alles, was mit Menschen zu tun hat), wenn man das unscharfe Bild im Kopf konkretisieren soll. Sie will einen mutigen Mann. Gut! Er hält sich für mutig. Auch gut! Aber was ist „mutig“? Jede Frau sieht das doch von einer anderen Warte. Für die eine grenzt es schon an Selbstmord, wenn ihr Partner mit seinem Jetta auf der Autobahn 200 kmh fährt, während eine andere verrückt nach Stuntfahrern ist. Eigenschaften werden nur durch subjektive Interpretation positiv oder negativ wahrgenommen. Bei Männern sieht das genauso aus. Wie sagt der Volksmund so treffend: „Wat den een sien Uhl, is den annern sien Nachtigal“.
Der Ruf nach „tollen“ Frauen und Männern wird immer lauter. Es scheint, als gäbe es es weit und breit keine. Gut möglich! Vielleicht sind aber nur die gegenseitigen Ansprüche dermaßen hoch, dass sie kein Mensch mehr erfüllen kann. Wenn es mit dem anderen Geschlecht nicht funktioniert, muss das nicht zwangsläufig am Gegenüber liegen. So frustrierend es im Moment auch sein mag, aber in solche Fällen ist Selbstreflexion wesentlicher sinnvoller als sich über die doofen Weiber oder die blöden Männer zu beschweren und Änderungen zu fordern. Wenn man bei der Partnersuche ständig in den berühmten Haufen greift, stimmt nicht mit dem Suchenden etwas nicht, sondern eher mit seinen Auswahlkriterien.
Eine Freundin von mir ist das beste Beispiel. Sie war lange Zeit mit einem gut aussehenden, eloquenten, vermögenden, witzigen, aber selbstherrlichen Egomanen zusammen. Ständig hatte ich sie an der Strippe, weil sie unter schwerstem Liebeskummer litt, da sie nie das bekam, was sie wollte. Er war beruflich viel unterwegs und hatte daher kaum Zeit für sie. Wenn er zuhause war, schlug er sich mit Freunden die Nächte um die Ohren und hatte wieder kaum Zeit für sie. Als „Entschädigung“ gab es Blumen, Schmuck, das eine oder andere Romantik-Wochenende und teure Urlaube. Das fand sie zwar toll, aber es war ihr nicht genug. Sie wollte Kindern; er … na ja … vielleicht … mal sehen … eventuell später. Sie wollte mit ihm zusammenziehen; er wollte seine Wohnung nicht aufgeben. Sie wollte mehr mit ihm unternehmen; er brauchte seinen Freiraum. Aber jedes Mal, wenn ich ihr sagte, sie solle den Kerl in die Wüste schicken, kam das Argument „Aber ich liebe ihn doch!“. Keine Ahnung, was sie fühlte, aber ich bezweifle, dass es tatsächlich Liebe war. Als er wegen einer anderen mit ihr Schluss machte, ging natürlich die Welt unter. Sie stalkte; er wurde sauer. Irgendwann hatte sie dann eingesehen, dass er nicht mehr zu ihr zurückkommen würde. Die Zeit war die Hölle. Für sie und auch für ihr Umfeld. Bis zum dem Tag, als ein neuer Nachbar neben ihr einzog. Einer, der so gern verächtlich „netter Kerl“ genannt wird. Er sah bei Weitem nicht so toll aus wie ihr Ex, hatte viel weniger Geld und war eher wortkarg. Aber er war bodenständig, zuverlässig, sehr humorvoll. Half ihr bei kleineren Reparaturen in der Wohnung, trug Wasserkästen nach oben in ihre Wohnung und schlich sich im Laufe der Zeit in ihr Herz. Er war da, wenn sie ihn brauchte. Heute sind die beiden glücklich verheiratet und haben zwei Kinder. In einem unserer Telefonate ließ sie mal die Bemerkung fallen „Wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich R. mal heiraten würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt“.
Was man will, ist nicht zwangsläufig das, was man braucht.
Aber warum läuft das mit der Partnersuche so oft schief? Wie funktioniert denn Partnerwahl in modernen Zeiten? Dabei macht einem das Unterbewusstsein gerne einen Strich durch die Rechnung. Wie weit das Einfluss nimmt, hat Gebhard Roese von der Liebeszeitung sehr gut beschrieben. Wenn man mit schöner Regelmäßigkeit den oder Falsche aussucht, kann es nicht schaden, sich mal mit seiner Selektion zu befassen.
Das Objekt der Begierde muss sich auch (aus)wählen lassen. Wenn das jetzt aber der Meinung ist, dass derjenige, der gegenüber sitzt, nicht die/der Richtige ist (aus welchen Gründen auch immer), kann man sich auf den Kopf stellen, mit dem Leben, den Männer oder Gott und der Welt hadern … man wird es nicht bekommen. Punkt! Sich dann unter Freunden gegenseitig zu versichern, wie toll man ist, hilft in diesem Moment rein gar nichts. Weil man das immer nur vom Standpunkt des eigenen Geschlechts aus sieht. Und weil Freunde einem nur ungerne weh tun. Besser wäre es, jemanden aus der anderen Fraktion zu fragen. Dann sollte man aber unter Umständen hart im Nehmen sein. Die Wahrheit ist nämlich nur selten angenehm.
Bei der Wahl des Partners herrscht – wie überall – das Prinzip Angebot und Nachfrage. Und das, was sehr schwer zu bekommen ist, hat natürlich einen besonderen Reiz. Man muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass tolle Frauen und Männer aus einem Überangebot wählen können. Der Rest muss sich mit dem begnügen, was übrig bleibt. Dieser Tatsache sollte man schon aus reiner Selbstachtung ins Auge sehen. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, wie man selbst seine Qualitäten einschätzt, sondern es gilt nur, welchen Wert der andere diesen zumisst. Reichen sie nicht aus, fällt man durchs Raster. Nicht schön fürs Ego, aber so ist nun mal das Leben.
Die Beste oder den Besten zu finden ist allerdings relativ. Es kommt darauf an, welche Art Beziehung man führen möchte. Danach sollte man den besten Partner aussuchen. Nicht umgekehrt, einen Partner aussuchen und ihn dann mit aller Gewalt in seine Beziehungsschablone pressen wollen. Will sie einen Mann, der mit ihr die Kinder großzieht, ist der Karrieretyp, der 80 Stunden die Woche arbeitet, völlig ungeeignet. Will sie einen Mann, mit dem sie Tag und Nacht zusammen sein kann, sollte sie die Finger vom Abenteurer lassen (auch wenn der Sex nie besser war). Will sie Karriere machen, braucht sie einen Mann, der sie dabei unterstützt. Umgekehrt gilt genau das Gleiche. Möchte ein Mann eine Familie gründen oder ist von Natur aus eher der häusliche Typ, dann sollte er die Finger von einer Frau lassen, die gerne ausgeht, einen großen Freundeskreis und viele Hobbys hat und ihren Fokus auf die Karriere legt.
Durch das ständige Auswählen falscher Partner und den daraus entstehenden beiderseitigen Frustrationen und Verletzungen wird prompt der verkehrte Weg eingeschlagen: Man schraubt an den Auswirkungen herum, anstatt sich auf die Suche nach der Ursache zu machen. Wird sich dadurch etwas ändern? Kaum! Auch zu diesem Thema hat Gebhard Roese heute einen hervorragenden Artikel mit der Überschrift „Ändert euch Männer! Was ist dran?“ veröffentlicht.
Fazit:
Natürlich kann man neue Frauen-/Männertypen fordern. Man kann auch die „guten, alten Zeiten“ wieder herbeisehnen. Es wird nur nichts nutzen, da die Masse träge ist. Denken wir doch nur einmal daran, wie viele selbst gefasste Vorsätze der Menschen in unserem direkten Umfeld immer wieder über den Haufen geworfen werden. Abnehmen, mehr Sport treiben, mit dem Rauchen aufhören und so weiter. Wenn das schon nicht funktioniert, wie sieht es dann mit Forderungen von anderen aus? Wird sich der, von dem diese Änderungen erwartet werden, darauf einlassen oder wird er sich verweigern? Ich denke, in der Mehrzahl der Fälle wird es auf ein „Wieso sollte ich mich ändern? Soll der andere sich doch ändern!“ hinauslaufen. Davon einmal abgesehen, dass solche Änderungen unter Umständen einen nicht gewollten Nebeneffekt haben, den man vorher gar nicht absehen konnte. Man darf sich vieles wünschen, aber man sollte nichts verlangen. Ob die Wünsche in Erfüllung gehen, hängt davon ab, wie realistisch sie sind.
Wenn man immer wieder der gleichen Beute nachjagt, sich diese aber nicht einfangen lässt, liegt das nicht an der Beute, sondern am Jäger. Der hat nämlich in diesem Fall den verkehrten Köder. Auch hier gilt, nicht die Beute muss sich ändern (warum sollte sie?), sondern man muss einen anderen Köder benutzen. Sprich: sein Verhalten ändern. Will man das nicht, sollte man sich eine Beute suchen, die den Köder mit Freuden schluckt. Will man weder das eine noch das andere, geht man am Ende leer aus. Ein Jäger, der nicht bereit ist seine Taktik zu ändern, wird immer ein schlechter Jäger bleiben.
Lockerer werden. Nicht immer nur zielorientiert, sondern auch mal außerhalb des Beuteschemas flirten. Möglichkeiten zulassen. Verschiedene Taktiken ausprobieren und deren Wirkung beobachten. Klingt unromantisch? Ja! Und? Romantik hat bei der Partnersuche genau so viel verloren wie Intuition beim Autokauf. Man muss wissen, was man selbst wert ist und was man dafür bekommen kann. Wenn man für das Beste nicht gut genug ist, muss man sich mit dem Zweitbesten begnügen. Pffft! Sieht man doch gar nicht ein; man hat schließlich seine Ansprüche!? Auch gut! Aber: Selbstbewusstsein ist eine Sache; Selbstüberschätzung eine ganz andere. Mann sollte den Unterschied schon kennen. Im Leben hat alles seinen Preis. Wenn man nicht bereit ist, den zu zahlen, geht man am Ende leer aus.
Auf keinen Fall einem potentiellen Partner die eigenen Regeln aufzwingen; Wunschlisten ersatzlos streichen und sich statt dessen darüber klar werden, wie man sich ein gemeinsames Leben mit einem Partner vorstellt. Was ist wichtig, was unwichtig? Wer welche Aufgaben übernimmt, ist wichtig. Die gleiche Einstellung zu Nähe/Distanz (räumlich und seelisch) ist wichtig. Ob er im Sitzen oder stehen pinkelt, ist völlig unwichtig. Die meisten Männer sorgen schon selbst dafür, eventuelle Spuren zu beseitigen. Wenn man damit nicht leben kann, sollte man es ansprechen und ihn bitten, es zu unterlassen. Tut er das nicht, gibt es drei Möglichkeiten: Doch damit leben und Gummihandschuhe kaufen. Ihn das Klo putzen lassen. Oder sich von ihm trennen. Fragt sich nur, in welchem Verhältnis solche Kleinigkeiten zu einer solchen Konsequenz stehen.
Wenn die Schmetterlinge im Bauch nachlassen, ist das nicht das Ende der Liebe, sondern dann zeigt sich erst, ob man nicht nur biologisch, sondern auch seelisch zusammenpasst. Das findet zwischen zwei und vier Jahren nach dem Kennenlernen statt. Man sollte also schon vorher abklären, wie man sich eine gemeinsame Zukunft vorstellt und ob man nach den gleichen Regeln lebt. Abwarten, Tee trinken und „Och, das wird schon!“ denken ist der verkehrte Weg. Wenn man ein Ziel vor Augen hat, muss man auch alle zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um dieses Ziel zu erreichen. Wer glaubt, eine gute Partnerschaft falle einem mal eben so in den Schoß, sollte sich mit dem Gedanken vertraut machen, auf ewig sein Leben in serieller Monogamie zu verbringen oder schlimmstenfalls ohne Partner dazustehen.
Bei der Partnersuche sollte man immer die Ohren offen halten. Gerade Männer meinen meistens, was sie sagen. Solche Aussagen zu ignorieren oder nicht ernst zu nehmen, führt zwangsläufig zu Konflikten.
Egal, wie sehr man es sich auch wünscht: bestimmte Eigenschaften wird man nie gleichzeitig bei einem Menschen antreffen. Der Partner ist sehr dominant? Dann sollte man selbst recht nachgiebig sein oder sich auf Machtkämpfe einstellen. Man wird aus ihm aber keinesfalls einen sanften Kuschelbären machen. Der Partner ist sehr konfliktscheu? Dann sollte man selbst das Bedürfnis nach Harmonie haben oder sich auf Frust wegen „unerledigter“ Probleme einstellen. Man wird aus ihm aber keinesfalls einen souveränen Problemlöser machen. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Man muss sich immer mit beiden Seiten der Persönlichkeit des Partners arrangieren.
Wir leben in keiner perfekten Welt. Daher gibt es auch nicht den perfekten Partner. Aber es gibt eine Menge Menschen, die kompatibel sind. Dazu hat auch Vicky Amesti unter dem Titel „Von den Männern und den Frauen und den Menschen“ einen klasse Artikel geschrieben. Und wer weiß: Vielleicht ändert sich der Partner ja im Laufe der Zeit uns zu liebe ein klein wenig in Richtung Traumpartner. Es wäre zumindest einen Versuch wert.
<- Moderne Männer gegen moderne Frauen
Ich wünsche Euch noch eine schöne Zeit.
Eure